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ALEXANDER VON AGOSTON

Weltaidstag

Markus Kirche Berlin

1998 - 2008


1998
 
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letzte Stunde: 1. Dezember 2008, 19.00 Uhr

Jesus und Lazarus und das Weinglas, Öl auf Leinwand, 80 x 60 cm, Berlin 2007

Die Installation war nur an diesem Tag und nur fuer eine Stunde zu sehen!

Text und Bilder 2008


Markus Kirche Berlin, Steglitz, Karl Stieler Strasse 8a, Telephon: 030/794 706 24, Pfarrerin Ulrike Rogatzki


Chronologie

Auswahl

1. Dezember 1998


Lust Sex Safer!, Original: 40 x 30 cm, Acryl auf Papier, Berlin 1997, (Plakat: 79 x 59,5 cm)

Einige Bilder werden im Altarraum aufgestellt. Ich erzaehle kurz etwas zu den Arbeiten: Sich kuessende Matrosen, Maenner die sich in den Armen halten und ich zeige das Plakat "Lust Sex Safer". Ich erinnere an einen Freund, der starb, und ich sage zu den Konfirmanden: Kondome schuetzen.

Gottesdienst.

Matrosenliebe

(vom Plakat "Lust Sex Safer" gibt es noch einige wenige Exemplare. Es kann gegen Porto zugesandt werden.)


1. Dezember 1999


Christian, 120 x 100 cm, Oel auf Leinwand, Berlin 1998

Ich komme eben aus New York, lade einige Bilder ein und bringe sie zur Kirche. Ich stelle sie im Altarraum auf.

Ich denke an die, die an mich nicht mehr denken koennen.

 

 


 

1. Dezember 2000

Istallation: Seitenfluegel: 380 x 160 cm, Acryl auf Leinwand, Berlin 2000, Mittelteil: 680 x 240 cm, Acryl auf Leinwand, Berlin 2000

Rede zu Weltaidstag gehalten in der Markus Kirche Berlin

ERAM QOUD ES - ERIS QUOD SUM

     

Du bist was ich war - Du wirst sein was ich bin.

Als ich das Bild Anfang dieses Jahres zu malen begann, wuszte ich noch nicht was es werden soll. Aber da es fuer eine Ausstellung in der Galerie im Predestall in der Kulturbrauerei am Prenzlauer Berg bestimmt war, dachte ich mir: in einen Pferdestall gehoert ein Pferd, also male ich ein Pferd.

Das war nicht so einfach wie es sich anhoert, weil ich naemlich noch nie zuvor ein Pferd gemalt hatte, auch als Kind nicht.

Ich suchte mir Fotos aus unterschiedliche Kunstbuechern und Zoologiebuechern zusammen: Es gibt grosze und kleine Pferde, dicke und duenne, Pferde mit langen Beinen und Pferde mit kurzen Beinen, schwarze und weisze Pferde, braune und Schecken. Das ist nichts Neues und ich habe es auch vorher schon gewuszt.

Auf der Gruenen Woche in Berlin sah ich mir Pferde an und begann zu zeichnen. Aber ich musz gestehen, schoener als das stolze Rosz, fand ich den stolzen Reiter.

Ich weisz nicht genau was deutsch ist, aber dieser Reister sah sehr deutsch aus und er war sehr schoen, und schmuck war er in seiner schwarzen Uniform und seiner schwarzen Schildmuetze. Geradewegs zum verlieben der Mann, schlank und rank.
Ich war von der schoenen Erscheinung des Reiters so gebannt, dasz ich ganz vergasz, das Pferd zu zeichnen.

So hatte ich nun einen Reiter, aber noch immer kein Pferd.
Ich waehlte schlieszlich, wie viele vor mir, das Reiterstandbild des Marc Aure aus dem Jahr 170 n. Chr. zum Vorbild.
Das Pferd eines Roemers fuer meinen deutschen Juengling! Aber er sollte nicht alleine bleiben, denn schlieszlich war die geplante Ausstellung ein Schau zum CSD, dem Christopher Street Day.-


Auf einen Pferderuecken passen gut zwei Maenner, wenn das Pferd nicht zu klein und die Maenner nicht zu grosz sind.

In der Geschichte finden sich nur selten Darstellungen von zwei Maennern eng umschlungen auf einem Pferd reitend. Aber es gibt sie.
Das Siegel des Templerordens: Zwei Maenner eng umschlungen auf einem Pferderuecken sitzend.
Man mag hier gleich an Homosexualitaet denken, und richtig, der christiliche Orden von Hugo von Payns 1119 in Jerusalem gegruendet, wurde 1312 von Papst Klements V. wegen angeblicher Haeresie, Blashemie und Unszucht aufgeloest.
Der eigentlich Grund fuer das Verbot des Ordens aber war nicht das Faktum der praktizierten Homosexualitaet, sondern der enorme wirtschaftlich Erfolg der Temperherren. Eine christliche Organisation in der die Maennerliebe kein Gehiemnis war, wurde dem Papst zu maechtig und darum verboten.

 

Das alles sind gute Vorarbeiten fuer ein Bild, aber das Malen selbst ist immer eine andere Sache.
Da liegt nun die grosze Leinwand von 680 mal 240 cm auf dem Boden, daneben ein paar Skizzen und Fotos und irgendwann musz der erste Strich gezogen werden. Kein Raster, keine Projektion, alles nur im Kopf und jetzt muszes heraus. Hilfsstriche wuerden hindurchschimmern, also gibt es keine Hilfsstriche. Da hilft nur Gott.

Die Leinwand ist nicht grundiert. Wenn die Farbe hier und da heraufkommt, beginnt sie sich bald zu wellen. Darum musz schnell hintereinander gearbeitet werden, um die ganze Flaeche glatt zu bekommen.

Da sitzen nun meine beiden lieben Reiter auf ihrem Pferd und sie sehen aus wie Siamesische Zwillinge. So ist das in der Liebe, da verschmeltzen Koerper und Geist, Herz und Seele. Und darum ist es ja so schwer, wenn einer der Liebenden geht oder gehen musz, wenn eine Krankheit daherkommt und nimmt was wir lieben, ueber alle Maszen lieben. Da kann das Herz wohl brechen, und die Seele zerschellt an den Klippen des Lebens.
 

Ja, Hermann Hess sagt: "Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten." Aber was sollen wir tun, wenn der Raum ganz traurig ist, und der naechste Raum nocht trauriger, and dazwischen lauter traurige Gassen!

Vielleicht lag es an der traurigen Musik die ich hoerte, vielleicht daran, dasz ich die Augenfäeltchencreme doch oefter als einmal im Jahr haette auftragen sollen, vielleicht daran, dasz ich um die Jahreswende zu viel Abschied hatte nehmen muessen, vielleicht daran, dasz ich den Reiter zwar sehen, aber nicht lieben durfte, auf jeden Fall fiel ich in ein melacholissche Stimmung, und aus dem kaiserliche Reiterstandbild wurde ein Grabmonument.

(Drehung aeuszeren Fahnen)

   

 

Und wie immer, wenn ich in dieser Stimmung bin, faellt mir das Stufen Gedicht von Hermann Hesse ein:

"Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, so blueht jede Lebensstufe,
jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.


Es musz das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zu Abschied sein und Neubeginne,
und sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andere neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang woht ein Zauber inne,
der uns beschuetzt und der uns hilft zu leben."

Da das Bild fuer die Galerie in der Kulturbrauerei zu hoch war und darum in ganzer Vertikale nicht aussgestellt werden konnte, hatte ich es nicht fertiggestellt. Den unteren Teil des Bildes habe ich erst letzte Woche fuer den heutigen Tag zu einem vorlaeufigen Abschlusz gebracht.

Vier Gestalten stehen vor dem Sockel des Monumentes, ein Juengling traegt das Feuer des Lebens in seiner Linken, mit seiner rechten Hand fast er eine bluehnde Rose. Es kommt das Alter, die Rose aber hat ihren Durft noch nicht verloren, aber dann naht der Tod, die Zeit ist beinahe um, die Rose schon entblaettert, ein letzte Flasche Sekt verschaeumt frohen Lebensgeist.  

 

(Drehung des Mittelbildes)

 

"Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten
und an keinem wie an einer Heimat haengen.
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen.
er will uns Stuf um Stufe heben,weiten.

Kaum sind wir heimisch in einem Lebenskriese
und traulich eingewoht, so droht erschlaffen.
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag laehmender Gewoehnug sich entraffen."

 

Jedes Bild hat ein Vorder und eine Rueckseite, Aber nur wenige Leinwaende sind von beiden Seiten bemalt.
Auf der Kehrseite diese Bildes finden wir den Eingang zur Gruft. davor hockt ein trauernder Juengling. Er trauert um seinen verlorenen Freund, den er geliebt hat ueber alle Maszen und den er niemals vergessen wird.

 

 

 

 

Was nuetzen ihm da die Hesse Worte:

"Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen
Raeumen jung entgegen senden,
des Lebens Ruf and uns wird niemals enden
wohland denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!"

 

ERAM QUOD ES - ERIS QUOD SUM

©A.v.A.

 


Markus Kirche Berlin

1. Dezember 2001


9 x 3 m, Acryl auf Leinwand, Berlin 2001

Installation und Performance

In der Mitte des Gottesdienstes werden alle Lichter gegoescht. Aus der Dunkelheit singe ich hinter dem Bild langsam hervortretend "Quand il me prend dans ses bras", waehrend gleichzeitig ein eben zugeschalteter starker Strahler das Bild rueckwaertig beleuchtet.

Thomas aus Moabiter schlaegt sanft die Harfe.

Ich spreche zur Gemeinde:

  Textuebertragung in Arbeit  


 


1. Dezember 2002

Sonntag, 11.00 Uhr

 

 

Installation: 9 x 3 meter.

Ich spreche zur Gemeinde. Mein Handy klingelt. Es ist mein Bruder Martin. "Hallo Martin, schoen das Du anrufst, aber ich kann gerade nicht, ich spreche gerade zur Gemeinde, Tschuesz!"

Natuerlich war es Absicht das Handy eingeschaltet zu lassen. Aber nur um das Signal in den Turm zum Hochkurbeln des Bildes zu geben.

Ich waehle die Nummer zum Turm. Die Gemeinde ist geduldig. Ich setze meine Rede fort, hinter mir steigt langsam das Bild nach oben. Neun meter.

Rede:

Textuebertragung in Arbeit

 

 

 


Der letzte Weltaidstag in der Markuskirche

1. Dezember 2008

   

Rede zum Weltaidstag, gelesen in der Markuskirche am 1. Dezember 2008

(während der Rede wird die vordere am Boden liegende Matrosenfahne langsam nach oben gezogen und anschlieszend gedreht, so dass am Ende ein Matrose verschwunden ist...)

Vor zehn Jahren am 1. Dezember 1998 trafen wir uns zum ersten mal hier in der Markuskirche in Berlin um etwas zu tun, was ich nicht genau benennen kann.

Es hat etwas mit der Krankheit Aids zu tun, so vielsteht fest. Eine Krankheit die Anfang der 80er Jahre plötzlich auftrat, sich rasant verbreitete, und zwar zuerst unter homosexuellen Maennern.
Das unterschied diese Krankheit von anderen Krankheiten, denn sie schien auf eine bestimmte Gruppe Mensch beschraenkt. Eine kleine Gruppe, die nicht den Schutz der Gesellschaft genoss, sondern im Gegenteil von der Mehrzahl der Mitmenschen angefeindet wurde, was sich leider auch in der Politik niederschlug.

Der Kampf gegen Aids war und ist auch der Kampf gegen Vorurteile, Ausgrenzung und Intoleranz. Vielleicht treffen wir uns deshalb hier seit zehn Jahren in der Markuskirche jedes Jahr wieder: Eine Zusammenkunft der Solidaritaet, eine Demonstration für Akzeptanz.

Genau kann ich es nicht sagen, darum male ich Bilder, und auf diesen Bildern zeige ich was Männer lieben, zum Beispiel Männer.
Es sind politische Bilder, auch wenn sie nicht so aussehen.
Ganzjaehrig trage ich es in die Welt hinaus: Seht auf diesen Matrosen! Ist er nicht schön! Muß man ihn nicht lieben! Kann denn diese Liebe Suende sein?
Nein, Liebe kann niemals Suende sein, Es ist der Hass, der Sünde ist, dieser musz bekaempft werden, damit jeder ueberall in Frieden leben kann. Ob mit oder ohne HIV.

Ich fordere ueber die Toleranz hinaus: Respekt!

Respekt gegenüber der Liebe, Respekt gegenüber den Gesunden wie den Kranken.

Matrosen koennen nicht ewig in einem Hafen bleiben, und darum ist es heute zum letzten mal, dass wir uns hier in der Markuskirche mit meinen Bildern treffen.
Die Fahrt geht hinaus aufs weite Meer und niemand weiß wie der naechste Hafen heisst.

Chicago.

Schoene Gruesse von meinem Freund Jon.
Es gab dieses Jahr wieder mehr gebutterte Toasts und opulente Fruehstuecke, Roofpartys, und was neu ist, absolut neu:
Auch Jon hat endlich den Chicago Beach entdeckt. Osterman Beach. Ganz im Norden. Natruerlich faehrt er als guter Amerikaner die 5 Meilen mit dem Auto dort hin, waehrend ich als guter Deutscher das Fahrrad nehme. Dafuer rueckt er mit einer kleinen Cocktailbar an, und baut diese am Strand auf.
Glaeser und Karaffen, Eis, Snacks und gute Laune.
Wer nicht homosexuell ist, sollte diese Seite des schwulen Lebens nicht verpassen.
Wo immer man Schwule den Tag zelebrieren sieht, einfach dazugesellen und Teil einer Gemeinschaft sein, die es versteht den flüchtigen Moment des Daseins himmlische Grösze zu verleihen.

Jon lieszt: "The Power of Now", ich studiere den Hamlet, dann schwimme ich herüber zu den Booten, wo die hübschen Amerikaner bei einem Gas Martini die Septembersonne genieszen.
"Komm aufs Boot", rufen sie mir zu, und ich folge gerne der Einladung.
"Wo kommst Du her", wollen sie wissen, und ich antworte "Aus Deutschland" und füge hinzu:
"und ich bin den ganzen Weg geschwommen!"
"Dann brauchst Du erstmal einen Drink", lachen die Matrosen. Und das Leben ist schoen!

Und das Leben soll auch schoen bleiben!

Alles Gute beginnt mit guten Gedanken, und darum werde ich nun für jemanden eine Kerze anzünden, an diesen denken, und Glueck und Gesundheit wuenschen.

Wer nun auch gerade an jemanden denkt, sei so frei, selbiges zu tun.

Ahoi Matrosen!

 

 

Ende

1. Dezember 2008, 20:00 Uhr

ENDE

 


 

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